Sonntag, 20. Mai 2007

Ein letztes Mal: Scholli

Eigentlich sollte man nach diesem Spieltag einfach den Mund halten. Immerhin ist einer der Allergrößten gegangen und einer wie Mehmet Scholl wird mir noch die nächsten Jahre fehlen. Immerhin, der hat was geschafft, was bei mir ansonsten wenige Leute schaffen: ein tief sitzendes (Vor-)Urteil zu revidieren.

Ich fand Scholl immer doof. Mich nervten die kreischende Teenies im Stadion, wenn er spielte. Und einmal wollte ich nach einer Autogrammstunde ein Interview mit ihm machen, musste aber abbrechen, weil ich trotz Vereinbarung nicht zu ihm durchkam. Dutzende durchgeknallter Mädels hielten Transparente mit sinnigen Sprüchen der Güteklasse "F...mich, Scholli" in die Luft und jeder Versuch, die Barriere der hormonell unterzuckerten Kreischhennen zu durchbrechen, war zum Scheitern verurteilt. Außerdem fand ich seine Spielereien auf dem Platz zwar irgendwie hübsch, aber selten wirklich effektiv. Scholl kam mir immer vor wie einer dieser Schönspieler vom Balkan, die sich zwar beim Dribbeln gleichzeitig siebenmal um die eigene Achse drehen können, leider aber danach den Ball elegant am leeren Tor vorbeischieben und dafür auch noch Applaus erwarten.

Außerdem hatte er Hasenzähne.

Danach wandelte sich mein Scholl-Bild so radikal wie er sich selbst. Ich begann, seine Selbstironie und seinen Witz zu mögen und irgendwie kam es mir so vor, als sei auch der Fußballer Scholl erwachsen geworden. Ich saß wechselweise in stiller Ehrfurcht und mit offenem Mund vor dem Fernseher oder im Stadion, wenn Scholl (jetzt dann ohne den Appendix "i") wieder Dinge tat, die ein deutscher Fußballer normalerweise nicht tut. Irgendwie kam es mir auch beim erwachsenen Scholl immer so vor, als hätte da unten einer einfach nur Spaß am Spielen, ganz egal, wo der nächste Vertrag und die nächste Million ist. Wären sie alle gewesen wie Scholl, ich wäre ein glühender Anhänger der FC Bayern, wobei mir immer noch nicht richtig klar ist, wie Scholl den FC Bayern überleben konnte. Inzwischen bin ich auch im Besitz von zwei von Scholl zusammen gestellten CD´s und höre ihm gerne zu, wenn er denn mal was sagt. Zumindest ist er einer der wenigen Fußballer, bei denen sich das Zuhören wirklich lohnt und die zu mehr als den "Ich sach ma"-Phrasen in der Lage sind. Und spätestens, als er damals allen Ernstes die Bayern verlassen wollte, als er hörte, dass Effenberg komt, ist er mein Held. Dass er heute die Größe hat zu sagen, menschlich seien sie weit auseinander gewesen, aber als Kapitän lasse er über Effe nichts kommen, wunderbar.

Und ich liebe ihn dafür, dass er jetzt beim FC Bayern Mitglied in der Kegelabteilung ist. Und nicht etwa zum Golfen geht. Golf passt nicht zu Scholl.

Was für eine Vita: nie bei einer WM gespielt, nur 36 Länderspiele, im Champions-League-Finale einen Elfer verballert - und trotzdem vernmutlich der deutsche Fußballer, der nach Herrn Beckenbauer das meiste Talent im Fuß hatte.

Wenn´s die Geschichte nicht schon gäbe, müsste man sie schreiben.

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